Unermüdlich für die Fluorpolymere im Einsatz: Dr. Michael Schlipf (Foto: pro-K)
Die Diskussion über ein mögliches Verbot von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) im Rahmen der EU-Chemikalienstrategie treibt die deutsche Kunststoffindustrie um. Anfang November war die Fluorpolymergruppe des pro-K Industrieverbands langlebige Kunststoffprodukte und Mehrwegsysteme (Frankfurt am Main; ) zu Besuch in Brüssel, um mit Vertretern von EU und Industrieverbänden zu sprechen. Zum Stand des PFAS-Verbots spricht der pro-K-Experte Dr. Michael Schlipf im KI-Interview.
KI: Nach Ihren Gesprächen in Brüssel: Glauben Sie, dass die EU das PFAS-Verbot in dem bislang kommunizierten Umfang erlassen wird? Oder hegen Sie Hoffnung, dass sich zumindest bei Fluorpolymeren ein Verbot noch vermeiden lässt?
Dr. Michael Schlipf: Ich bin überzeugt, dass ein umfassendes PFAS-Verbot, insbesondere für Fluorpolymere, nicht kommen wird. Wir brauchen diese Hochleistungswerkstoffe für Mobiltelefone, Computer, Datenübertragung, Autos, Flugzeuge, Medizintechnik, Stromnetze und vieles anderes mehr. Nur wenn wir bereit sind, auf diese Anwendungen zu verzichten, auch auf die Versorgung mit elektrischem Strom aus der Steckdose, dann kann ein Verbot für Fluorpolymere kommen. Diese Bereitschaft sehe ich aber nicht.
Bei den wenigsten EU-Abgeordneten handelt es sich um Chemiker. Haben Sie den Eindruck, dass die EU-Parlamentarier überhaupt verstanden haben und wissen, was sie da beschließen wollen?
Schlipf: Nein, das Thema PFAS-Beschränkung wird in seiner dramatischen Auswirkung auf den Industriestandort Deutschland, aber auch Europa insgesamt von Politikerinnen und Politikern in der Mehrzahl noch nicht erkannt.
Vor zwei Monaten hat Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem VCI-Summit in Berlin versprochen, sich beim PFAS-Verbot für eine differenzierte Beurteilung der verschiedenen Stoffe einzusetzen. Ist seither etwas passiert?
Schlipf: Olaf Scholz hatte das schon im Jahr 2023 versprochen. Außerdem hatte er darauf hingewiesen, dass das PFAS-Verbotsverfahren in seiner jetzigen Form nicht durch den aktuellen EU-Gesetzesrahmen gedeckt sei. Sein Versprechen hat Scholz in diesem Jahr wiederholt. Dass in der Zwischenzeit erkennbare Maßnahmen der Einflussnahme auf das Verbotsverfahren erfolgt wären, können wir jedoch nicht feststellen. Möglicherweise gab es mittlerweile Abstimmungen zwischen Berlin und Brüssel. Das halte ich für möglich. Kenntnis davon haben wir jedoch nicht erhalten.