Auf Schlingerkurs in die Zukunft: Noch ist nicht klar, wohin die Reise für die Elektromobilität geht (Foto: PantherMedia, Svetakuchni.mail.ru)
Die kommenden drei bis vier Jahre könnten für die europäische Autoindustrie entscheidende sein. Auch wenn derzeit der Handelsstreit zwischen Europa und den USA einer- und China andererseits die Schlagzeilen dominiert: Es gibt noch andere Themen im Automobilbau als die Anti-Dumping-Maßnahmen auf Elektrofahrzeuge. Wird die Zahl der Elektrofahrzeuge hierzulande trotz der hohen Anschaffungskosten und mangelnder Infrastruktur abseits von Autobahnen einen nennenswerten Stand erreichen? Wie kann die europäische Automobillandschaft im Rennen bleiben? Was tut sich beim Rezyklat- und Kunststoffeinsatz im PKW? Und kippt der Trend wieder zugunsten von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren?
Hohe Preise, unzureichende Ladeinfrastruktur, Flammschutz und Abschirmungen elektronischer Geräte beim verstärkten Einsatz von Kunststoffen – das waren nur einige der Themen, die sich während einer vom Distributeur Chase Plastics initiierten Gesprächsrunde zur US-Kunststoffmesse „NPE“ herauskristallisierten. Zwar gebe es, so erklärte Eric Jaarda, Business Development Manager bei Sabic High Performance, viele Möglichkeiten, in Elektromotoren Metall durch Kunststoffe und auch Rezyklate zu ersetzen. Aber die Umsetzung dauere: „Die Integration insbesondere von Rezyklaten ist deutlich teurer und aufgrund der massenhaften Zertifizierungen langwieriger als in Sektoren wie Medizintechnik, Verpackungen und Verbraucherelektronik.“
All diese Herausforderungen für Automobilbauer und Zulieferer könnten nach Ansicht von Jaarda dazu führen, dass es zu einer zumindest teilweisen Umkehr des Trends zum Elektromobil kommt: „Einige OEMs fragen uns bereits, wie sie den geplanten Umbau zu elektrischen Fahrzeugen wieder rückgängig machen können“, berichtet der Branchenexperte.
Im Moment allerdings herrscht im Welthandel auf dem Autosektor erst einmal Krieg: Die USA und die Türkei verhängten Zölle von 100 respektive 40 Prozent auf BEV aus China, die EU-Kommission zog nach – jedoch um des lieben Friedens willen erheblich vorsichtiger – und droht mit vorläufigen Anti-Dumping-Maßnahmen gegen die drei großen chinesischen Produzenten BYD (17,4 Prozent), Geely (20) und dem staatlichen VW-Partner SAIC (38,1). Wohlgemerkt: zusätzlich zum ohnehin geltenden Standardzollsatz von 10 Prozent. Wegen der Gleichbehandlung wären Tesla und europäische Autobauer gleich mit gekniffen – weil auch sie in China produzierte Fahrzeuge nach Europa exportieren. Anstatt auf einen Kompromiss hinzuarbeiten, kontert Peking derzeit mit möglichen Strafzöllen auf Schweinefleisch aus der EU – als wären Retourkutschen auch Fortbewegungsmittel. Dies berichtet der Branchendienst Kunststoff Information (KI, Bad Homburg) im aktuellen Online-Report.