Nicht nur für russische Kunststoffverarbeiter könnte der Krieg, den Wladimir Putin und seine Gefolgschaft gegen die Ukraine angezettelt haben, zu einem Desaster werden. Insbesondere in den beiden vergangenen Jahren haben sich, wie Eurostat-Zahlen zeigen, die russischen Polymer-Exporte in die Europäische Union auf 675.000 t vervierfacht, nachdem die Mengen in den Jahren zwischen 2015 und 2019 weitgehend unverändert geblieben waren. Dieses Material könnte bald fehlen, berichtet der Branchendienst Kunststoff Information (KI, Bad Homburg) im aktuellen Online-Report.
Die Exporte aus der EU nach Russland hingegen schwanken seit 2015 kaum: Die Ausfuhrmengen beliefen sich auf zwischen 500.000 und knapp 590.000 t – zuletzt lag der Umfang bei etwa 560.000 t. Zwar ist die Mehrzahl der Standard- und technischen Polymere nicht von den westlichen Sanktionen auf Exporte nach Russland betroffen. Allerdings stehen einige Güter mit doppeltem Verwendungszweck (sog. EU-Dual-Use Verordnung) auf der Verbotsliste, beispielsweise Carbonfaser-Prepregs mit Epoxidharzmatrix oder Hochtemperaturwerkstoffe wie Polyimide, aber auch Hochleistungsfasern sowie zum Teil auch Fluorpolymere. Dennoch dürfte der Handel auch mit Commodities durch die Sanktionen um das Zahlungssystem „Swift“ wohl eingeschränkt sein.
Russland ist seit mehreren Jahren bemüht, die lokale Produktion voranzutreiben und so vor allem bei Polypropylen und Polyethylen nicht nur Selbstversorger, sondern auch Exporteur zu werden. Offensichtlich hat die weitgehend staatlich kontrollierte Petrochemie damit einigen Erfolg, wie die vermehrten Exporte in die EU zeigen, obwohl das seitens des Kremls ausgegebene Ziel der Autarkie zumindest bei einigen spezielleren Sorten auch von Standard-Polymeren noch nicht erreicht ist.