Anna Kozera-Szalkowska (Foto: Plastics Europe Polska)
KI: Wie ist die Stimmung in der polnischen Kunststoffindustrie?
Anna Kozera-Szalkowska: Insgesamt ist die Stimmung recht positiv. Obwohl die Pandemie ja noch nicht vorbei ist, hat sich das Geschäft irgendwie an die neue Situation angepasst. Wir sind froh, dass sich die im vergangenen Jahr prognostizierten Rückgänge nicht bewahrheitet haben. Bislang können wir feststellen: Die Kunststoffindustrie in Polen, die sich seit mehr als zwei Jahrzehnten intensiv entwickelt, hat die Herausforderungen der Pandemie recht gut bewältigt.
KI: Was sind die Erfolgsfaktoren?
Kozera-Szalkowska: Die Unternehmen haben ein stabiles Beschäftigungsniveau halten können. Das ist gerade vor dem Hintergrund der Krise enorm wertvoll. Im laufenden Jahr zeigen die Produktionszahlen bei Gummi- und Kunststoffwaren bislang einen deutlichen Anstieg im Vergleich zur Vor-Krisenzeit. Einige verwandte Branchen wie die Automobilindustrie erholen sich zwar sehr langsam, aber es sieht so aus, als ob das Gesamtjahr für die Kunststoffindustrie nicht schlechter ausfallen wird als das Jahr 2020. Darüber hinaus haben die (ansteigenden) Handelsbilanzüberschüsse bei Kunststoffprodukten einen positiven Effekt – im vergangenen Jahr lag der Exportüberschuss bei 960.000 t. Dadurch konnten der große Negativsaldo bei Rohstoffen (Polymeren) zumindest zum Teil kompensiert werden. Das ist darauf zurückzuführen, dass in- und ausländische Kapitalgeber in den vergangenen Jahren systematisch in die Kapazitäten und Technologien unseres Sektors investiert haben.
KI: Wie blicken ihre Mitgliedsunternehmen in die Zukunft?
Kozera-Szalkowska: Im April hat Plastics Europe Polska in Zusammenarbeit mit dem Kunststoffindustrieportal eine Umfrage unter den Mitgliedern durchgeführt. Die Mehrheit der Befragten bewertete die damalige Situation in der Kunststoffbranche als „schlecht“ oder „sehr schlecht“, war aber in Bezug auf die Zukunft recht optimistisch – mehr als zwei Drittel erwarteten wachsende Geschäfte und etwa 60 Prozent der Firmen planen in den nächsten fünf Jahren Investitionen.
KI: Was sind die größten Herausforderungen?
Kozera-Szalkowska: Zu den wichtigsten Entwicklungshemmnissen für die polnische Kunststoffindustrie gehören der Umfrage zufolge eine instabile Gesetzgebung und der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Zudem bekommen die Unternehmen zunehmend Druck – etwa durch negative öffentliche Narrative über Kunststoffe, die die Werkstoffe als schädlich für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt darstellen. Auf der anderen Seite bleibt die angespannte Situation bei den Rohstoffen, auch für die Herstellung von Monomeren, die zu steigenden Preisen führt.
KI: Wie gravierend sind die Lieferengpässe bei Rohstoffen?
Kozera-Szalkowska: Die Situation scheint jetzt viel stabiler zu sein als noch vor einigen Monaten oder zu Beginn des Jahres, als die Lieferengpässe absolut gravierend waren. Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass sich die Situation etwas entspannt hat.
Anna Kozera-Szalkowska ist Geschäftsführerin von Plastics Europe Polska (Warschau / Polen), der polnischen Niederlassung von Plastics Europe (Brüssel / Belgien).