Produktion von Kabelbäumen für den Automobilbau im ukrainischen Werk in Stryj (Foto: Leoni)
Eine Nachricht über ausgesetzte Aktivitäten und Geschäfte in und mit Russland jagt nach dem Überfall auf die Ukraine die nächste: Während zahlreiche Erzeuger und Energiekonzerne wie Clariant, ExxonMobil, LyondellBasell, Shell und Total ihre Brücken zu russischen Staatskonzernen abbrechen, beginnen einige der in Europa aktiven Polymerproduzenten damit, die Orderbücher für März – teilweise bereits sogar April – zu schließen. Dies berichtet der Branchendienst Kunststoff Information (KI, Bad Homburg) im aktuellen Online-Report.
Gleichzeitig steigen die Preisforderungen der Anbieter ins Uferlose: Die für die nächsten Wochen vorgesehenen Aufschläge reichen bei manchen Sorten bis zu 500 EUR/t – bei meist ohnehin gehobenen Preisniveaus. Sollten die Preise nicht gezahlt werden, so drohen die Erzeuger, seien Produktionskürzungen „kaum zu vermeiden“.
Was solche Preisanstiege für hiesige Kunststoffverarbeiter bedeuten werden, ist kaum absehbar. Bereits vor einigen Tagen hieß es angesichts immer höherer Kosten und begrenzter Möglichkeit, diese an Kunden weiterzugeben, man „kaufe sich keine Arbeit“. Produktionsabstellungen stehen im Raum.
Hinzu kommen diejenigen Werke beispielsweise von Automobilzulieferern in der Ukraine und in Russland, deren Produktion entweder wegen der Kriegswirren heruntergefahren wurde oder deren Beziehungen zu meist westeuropäischen Abnehmern abgebrochen wurden. Die Störungen in den Lieferketten sind jedoch nur die eine Seite der Medaille: Die Werksschließungen der westlichen und asiatischen Zulieferer in Russland selbst rufen erbitterte Gegenwehr auf den Plan. Nachdem VW, Daimler und Continental in Kaluga eigene Werke geschlossen und Aktivitäten eingestellt haben sowie auch die Gemeinschaftsunternehmen beispielsweise mit dem russischen Lkw-Bauer Kamaz auf den Prüfstand stellen, reagiert Moskau.
Alexander Zhukov, Sprecher der „Duma“ – des Unterhauses des russischen Parlaments – und Repräsentant der regierenden Partei „Vereintes Russland“, brachte einen Gesetzesvorschlag zur Enteignung von Unternehmen ein. Die Rede ist dabei von einem „Krieg der Unternehmen gegen das russische Volk“, der auf diese Weise beantwortet werden solle. Gesellschaften, die zu mehr als 25 Prozent ausländischen Eignern „aus unfreundlichen Staaten“ gehören, können danach verstaatlicht werden, sofern sie ihren Geschäftsbetrieb einstellen.