Der flächendeckende Einsatz von faserverstärkten Kunststoffen in der Automobil- und Luftfahrtindustrie scheitert bisher an den langen Zykluszeiten zur Herstellung der Bauteile und den daraus resultierenden hohen Kosten. Am Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen werden derzeit verschiedene vollautomatisierte Fertigungsprozesse für endlosfaserverstärkte Strukturbauteile entwickelt, die Zykluszeiten von unter zehn Minuten versprechen. Das Teilprojekt Resin Transfer Prepregging (RTP) ist Bestandteil der Forschergruppe 860 „Neue Prozessketten für endlosfaserverstärkte Kunststoffbauteile: Integration von Preformen, Imprägnieren, Formen und Vernetzen“ und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Das RTP-Verfahren ist eine Weiterentwicklung des klassischen RTM-Prozesses. Als ein Nasspressverfahren bündelt es die Vorteile vorhandener Nasspressverfahren, wie kurze Zykluszeiten, mit denen des RTM-Verfahrens bei der Herstellung endlosfaserverstärkter Kunststoffbauteile. Zunächst wird ein trockener Preform in das auf ca. 0° C gekühlte Imprägnierwerkzeug eingelegt, anschließend wird das zweiteilige Werkzeug geschlossen und evakuiert. Über dem Preform verbleibt ein Fließspalt, wodurch der Preform nicht komprimiert wird und eine hohe Permeabilität aufweist. In der Werkzeugoberseite befinden sich fünf Injektionsdüsen, durch welche die ca. 50°C warme Epoxidharzmatrix auf dem Preform verteilt wird. Als Matrix wird das Epoxidharz XB 3585 mit dem Härter Aradur 22962 der Firma Huntsman International LLC, Salt Lake City, USA, verwendet. Nachdem der Injektionsvorgang abgeschlossen ist, werden die Düsen geschlossen und das Werkzeug führt einen Imprägnierhub aus, bei dem der Preform in Dickenrichtung imprägniert wird. Lange Fließwege der Matrix, wie sie für das klassische RTM-Verfahren üblich sind, und die sich negativ auf die Zykluszeit auswirken, werden so verhindert.
Während der Imprägnierung im RTP-Prozess kühlt die Matrix kontinuierlich ab, bis sie schließlich eingefroren ist und somit die Vernetzungsreaktion unterbrochen wird. Die Gesamtzeit des Imprägnierprozesses beträgt drei Minuten. Das so hergestellte Prepreg kann dann tropffrei aus dem RTP-Werkzeug entformt werden. Es kann entweder direkt weiterverarbeitet oder aber gekühlt gelagert werden, um es zu einem späteren Zeitpunkt weiterzuverarbeiten.
Zur direkten Verarbeitung wird das Prepreg in ein beheiztes Presswerkzeug überführt. In diesem Prozessschritt „Formen und Vernetzen“ wird aus dem Prepreg, das einen definierten Harzüberschuss aufweist, das Bauteil gefertigt. Die Matrix wird in dem auf 130° C isotherm beheizten Werkzeug unter Vakuum erwärmt und der Harzüberschuss wird in eine geregelte Nebenkavität geleitet, bis das Bauteil einen Faservolumengehalt von 50 Prozent aufweist. Taktgebend für das Verfahren ist der Presszyklus mit einer Zykluszeit von fünf Minuten. Durch eine chemische Anpassung des Harzsystems kann diese Zeit weiter reduziert werden.
Die gefertigten Bauteile haben Abmessungen von 500 x 500 x 3 mm³ und enthalten formschlüssig verbundene Krafteinleitungselemente und/oder Durchbrüche, die für eine hohe Funktionsintegration unverzichtbar sind. In weiterführenden Untersuchungen werden Versteifungsstrukturen direkt in die Bauteile integriert.
Das IKV dankt der DFG für die Förderung innerhalb der Forschergruppe 860.