Beim 17. Nationalen Symposium der Society for the Advancement of Material and Process Engineering (SAMPE) Deutschland e.V. diskutierten 350 Experten aus Industrie und Wissenschaft Trends und neue Ansätze, wie Bauteile aus FVK zukünftig in großen Serien wirtschaftlich hergestellt werden können. Die 1944 gegründete Organisation SAMPE setzt sich für die Weiterentwicklung von neuen Werkstoffen und Verfahren ein. Das Symposium wird seit 1995 von der SAMPE Deutschland e.V. jährlich an einem deutschen Werkstoffzentrum veranstaltet. Gastgeber des diesjährigen Symposiums, das am 16. und 17. Februar in der Aula des Hauptgebäudes der RWTH Aachen unter dem Motto „Faserverbundwerkstoffe – Hochleistung und Großserie“ stattfand, war die RWTH Aachen. Die Organisation des Symposiums erfolgte im Auftrag der SAMPE Deutschland e.V. durch das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) an der RWTH Aachen.
200 Teilnehmer wurden erwartet, die nahezu doppelte Anzahl an Teilnehmern unterstreicht die hohe Relevanz der präsentierten Themen.
Professor Dr.-Ing. Alois K. Schlarb, Vorsitzender des Vorstands von SAMPE Deutschland e. V., und Professor Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Walter Michaeli, Institutsleiter des IKV, eröffneten die Veranstaltung. Professor Michaeli gab in seinem einführenden Vortrag einen Überblick über die faserverstärkten Kunststoffe. Hierbei ging er insbesondere auf die vielfältigen Forschungsaktivitäten zu diesem Thema am IKV und an anderen Instituten der RWTH Aachen ein. Die nachfolgenden Vorträge deckten die komplette Wertschöpfungskette vom Roving bis zum fertigen Bauteil ab. Dabei präsentierten Experten aus Industrie und Forschung die derzeitigen Möglichkeiten, Entwicklungstrends und Herausforderungen. Wissenschaftler des IKV referierten in vier Vorträgen über neue Verfahren, die Zykluszeiten von unter zehn Minuten bei der Herstellung von FVK-Bauteilen ermöglichen.
Am Nachmittag des ersten Tages hatten die Besucher Gelegenheit, die beteiligten Institute zu besichtigen. Im Technikum für Faserverstärkte Kunststoffe des IKV wurden die zuvor präsentierten Verfahren und Anlagen im laufenden Prozess demonstriert. Dabei erhielten die Besucher einen Eindruck vom technologischen Potenzial zum Erreichen kurzer Zykluszeiten. So wurde mit dem 3D-Faserspritzprozess die Herstellung eines dreidimensional gekrümmten Preforms mit einstellbarer Faserorientierung aus thermoplastischem Hybridgarn in nur 45 s gezeigt. Mit der automatisierten Spaltimprägnieranlage des IKV wurde die Fertigung von Bauteilen in Zykluszeiten von 280 s demonstriert.
Die Abendveranstaltung im Krönungssaal des Aachener Rathauses eröffnete der Rektor der RWTH Aachen, Professor Dr.-Ing. Ernst Schmachtenberg. Der Abend bot eine ideale Plattform zum Gedankenaustausch und zu weiteren fachlichen Diskussionen.
Während des Symposiums verlieh die SAMPE zwei Nachwuchswissenschaftlern die SAMPE-Innovationspreise 2011 für ihre herausragenden Abschlussarbeiten. Die Auszeichnung beinhaltet ein Preisgeld von 1000 Euro sowie die Einladung zum europäischen Symposium nach Paris. Dort wird in einer zweiten Runde die beste Arbeit innerhalb der europäischen Preisträger gekürt.
Dipl.-Ing. Martin Kerschbaum, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich „Auslegung und Dimensionierung“ des IKV, wurde für seine an der RWTH Aachen angefertigte Diplomarbeit mit dem Titel „Untersuchungen zur dreidimensionalen Simulation des Fließpressprozesses von LFT unter Berücksichtigung der Faserorientierung“ ausgezeichnet. Dipl.-Ing. David Roquette, heute Daimler AG, erhielt den Preis für seine Diplomarbeit „Laminatoptimierung und Fertigung einer Felge aus einem Faser-Kunststoff- Verbund im RTM-Verfahren für einen Formula Student Rennwagen“, angefertigt am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Das Fließpressverfahren ist besonders in der Automobilbranche ein etabliertes Verfahren um großflächige Bauteile mit sehr guten mechanischen Eigenschaften wirtschaftlich herzustellen. Um auch den Anforderungen von komplexen Geometrien gerecht zu werden, hat Martin Kerschbaum in seiner Arbeit eine Methode entwickelt, mit der der Pressvorgang im Vergleich zur etablierten zweidimensionalen Simulation dreidimensional berechnet werden kann. Dabei wird auch die sich lokal im Bauteil einstellende Faserorientierung berücksichtigt, die wesentlich die Bauteileigenschaften beeinflusst. Das dazu erstmals für die Fließpresssimulation verwendete Faserorientierungsberechnungsmodell zeichnet sich im Gegensatz zu bisher verwendeten Modellen durch eine deutlich umfangreichere Anpassungsfähigkeit an die materialspezifischen Orientierungseigenschaften aus.