Frankfurt (FSK). Das menschliche Herz schlägt am Tag ca. 90.000 Mal. Im Laufe des Lebens können die Herzklappen entweder verengen oder undicht werden. Die einzige effektive Therapie ist dann der Ersatz der defekten Herzklappe durch eine Prothese. Im Jahr 2009 wurden weltweit über 200.000 Herzklappen implantiert.
Eine Herzklappe aus Polyurethan könnte die bisher verfügbaren mechanischen Herzklappenprothesen aus pyrolitischem Kohlenstoff und die biologischen Prothesen aus Rinderperikardium bzw. Schweineherzklappen ersetzen und theoretisch die Vorteile von biologischen und mechanischen Herzklappen ohne deren Schwächen kombinieren. Dies ist zumindest die Idee eines vom FSK mit dem Innovationspreis Polyurethane ausgezeichneten Forschungsprojekts. Die Vorteile einer Polyurethanherzklappe bestehen in der Kombination aus geringer Blutschädigung und Dauerfestigkeit. Die Herzklappe aus Polyurethan ist bereits einem Haltbarkeitstest entsprechend der ISO 5840 Norm mit 100 Millionen Zyklen unterworfen worden. Die weitere Entwicklung mit zusätzlichen Prüfungen laufen derzeit.
Ein weiteres Thema aus dem Therapie- und Gesundheitsbereich, das vom FSK ausgezeichnet wurde, ist das variosensa board von Michael Kunze (Hübner GmbH). Hierbei handelt es sich um ein neues Hilfsmittel für Therapie und Training, das das gesamte neuromuskuläre und sensomotorische System mobilisiert. Das multifunktionale Trainingsgerät für den Gleichgewichtssinn, das einem Surfbrett mit Füßen ähnelt, provoziert Ausgleichsbewegungen auf variabel zu gestaltende Kippbewegungen. Dies wird mit Hilfe von der einzigartigen Gestaltung und Positionsvariabilität der Füße erzielt.
Durch das Mehrfachsteckprinzip der Board-Füße lässt sich das Hilfsmittel allen Bedürfnissen des Anwenders anpassen. Therapie- und Trainingserfolge lassen sich so schneller realisieren und der Spaßfaktor kommt aufgrund des Boardcharakters auch nicht zu kurz! Beim Sport und in der Rehabilitation werden diese Anpassungsvorgänge zur Leistungssteigerung genutzt. Untersuchungen belegen, dass ein gezieltes Gleichgewichtstraining die Häufigkeit von Stürzen und Zweitverletzungen reduzieren kann.
„Kein aus Beton geformtes Teil ohne Polyurethan“ lies Prof. Bernd Benninghoff von der Hochschule Mainz die erstaunten Zuhörer aus der Branche wissen. Seine Studenten und er wurden mit dem Kreativ- und Innovationspreis für Polyurethan ausgezeichnet, weil sie für interessante Designprojekte aus Beton Negativformen aus Polyurethan hergestellt haben, um eine perfekte und nachhaltige Oberflächenqualität zu erzielen. Studenten der FH Mainz Gestaltung im Studiengang Innenarchitektur haben im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit einem Netzwerk von Industriepartnern verschiedene Ideen aus Beton realisiert. „Dass Polyurethan nicht immer nur an der Oberfläche und sichtbar in interessanten Anwendungen zum Einsatz kommt, ist bekannt. Trotzdem überraschen uns immer wieder neue kreative Anwendungen und Projekte“, so Dr. Wilhelm Alexander Strietholt, Vorsitzender der Fachgruppe Polyurethane im FSK, zu den Hintergründen der Auszeichnung.
Dies gilt auch für einen weiteren Innovationspreis, der an ArsRatio GmbH nach Österreich verliehen wurde. DI Claus Permesang präsentierte ein neues mobiles System zur Bodengestaltung. ArsRatio kreiert verschiedene Oberflächen aus Fliesen, Glas, Kork und andere Werkstoffe / Oberflächen, die auf einer Basis eines Polyurethanrahmens gegossen werden. So werden kreative Bodenbeläge in wenigen Handgriffen und blitzschnell miteinander im Klickverfahren verbunden. So werden neue Raumkonzepte im Handumdrehen umgesetzt. Die Leichtigkeit dieses Konzeptes wird durch das einfache Auswechseln von einzelnen Platten ein weiteres Mal unter Beweis gestellt.
Dass durch die Vielseitigkeit von Polyurethan völlig neue Designmöglichkeiten entstehen, zeigt auch ein besonderes Beispiel: der Konzeptkühlschrank coolpure 1.0 der BASF Polyurethanes GmbH. Polyurethan wird inzwischen in fast jedem Kühl- und Gefrierschrank verwendet, jedoch liegt das Hauptaugenmerk bisher allein bei der Dämmung und Isolierung. BASF möchte aber darüber hinaus die Möglichkeiten von Polyurethan ausreizen und bietet mit coolpure 1.0 ein Konzept, das Form und Funktionalität revolutioniert und dabei nachhaltig produziert wird. Dieser Kühlschrank bietet neue Lösungen zur Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sowie viele weitere Vorteile wie zum Beispiel eine außergewöhnliche Langlebigkeit, Funktionalität und eine zukunftsweisende Formsprache. Das alles wird zum Beispiel durch die Verwendung von Folien im Innen- und Außenbereich erreicht, die die Oberflächen zugleich schützen und veredeln. Auch die Paneele und Dichtungsprofile werden aus Polyurethan hergestellt und bieten verbesserte Eigenschaften oder stellen eine echte Alternative zu herkömmlichen Materialen dar. Selbst das Lichtkonzept des coolpurs 1.0 basiert auf Polyurethan, welches unter anderem eine gezielte Steuerung des Lichts ermöglicht.
In dem Konzeptkühlschrank coolpure 1.0 stecken Funktionalität und Materialinnovationen, gepaart mit Zeitgeist und zukunftsweisender Formsprache. Zudem werden neuartige Produktionsmöglichkeiten eröffnet. In Zukunft soll dieser Ansatz auch auf andere Haushaltsgeräte erweitert werden. BASF versteht sich hier als Impulsgeber!
Jedes Mal befinden sich unter den Bewerbern zum FSK Innovationspreis auch verfahrenstechnische und chemische Forschungsthemen. So auch in diesem Jahr mit der Bewerbung von Dr.-Ing. Jan Kuppinger (Fraunhofer ICT) zum Thema „Material- und Prozessvalidierung zur Herstellung faserverstärkter Polyurethane als Konstruktionswerkstoff im Fasersprühverfahren“. Polyurethan-Fasersprühen ist ein flexibles Produktionsverfahren zur Herstellung von Faserverbundbauteilen, das insbesondere für die Fahrzeugindustrie relevant ist. Bei diesem Prozess werden vorgeschnittene Fasern in einen Sprühaustrag von Polyurethan eingebracht, benetzt sowie robotergesteuert in eine offene Werkzeugform eingetragen. Dieses Verfahren ermöglicht die großseriengeeignete Herstellung von Sandwichstrukturen. Hierbei gibt es allerdings zahlreiche offene Fragen in Bezug auf die erzielbaren und prozessabhängigen Materialeigenschaften.
Dr. Jan Kuppinger hat ein grundlegendes Prozessverständnis geliefert und die erzielbaren Werkstoffeigenschaften sowie deren prozessbedingte Wechselwirkungen beschrieben. Er entwickelte eine Methode, durch die die Materialeigenschaften der Deckschicht bestimmt und die mechanischen Eigenschaften der Sandwichstrukturen in Bezug auf die ausgetragene Polyurethanmenge und das Glasfasermattenflächengewichts in den Deckschichten charakterisiert werden konnten. Es ist eine verfahrenstechnische Weiterentwicklung des Polyurethan-Fasersprühens aufgezeigt worden, die es ermöglicht, endlose Fasern gezielt im Bauteil abzulegen.
Albrecht Manderscheid, Vorsitzender des Verbandes, gab bei der Überreichung der Preise und Würdigung der Preisträger einen Rückblick auf die 14 Jahre FSK Innovationspreis. Seit 1998 sind 48 Preise an Studenten und Unternehmen überreicht worden. Insgesamt verlieh der Verband 26 Studentenpreise und 22 Industriepreise mit einem Gesamtwert von 35.000 EUR.