Post für den Kanzler: der PFAS-„Brandbrief“ der Industrie (Foto: KI)
Bereits am 19. Juli 2024 haben rund 500 Unternehmen aus unterschiedlichsten Industriezweigen sowie eine ganze Reihe von Verbänden – darunter der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV; Berlin) – an Bundeskanzler Olaf Scholz einen „Brandbrief“ geschrieben und gefordert, den derzeitigen „PFAS-Beschränkungsvorschlag“ zu überdenken. Eine Reaktion darauf scheint bislang noch auszustehen. Im Interview mit KI schildert die Präsidentin des GKV, Dr. Helen Fürst, was es mit dem Brief auf sich hat und wie der aktuelle Stand der PFAS-Diskussion ist.
Gemeinhin gelten „offene Briefe“ als letztes Mittel, wenn alles Lobbyieren hinter verschlossenen Türen wirkungslos bleibt. Ist die PFAS-Diskussion so festgefahren?
Fürst: Das Schreiben der Verbände und Unternehmen wurde ja bereits am 19. Juli 2024 ausschließlich an die direkten Adressaten verschickt und ist meines Wissens erst durch die Erwähnung in einem Presseartikel Ende August öffentlich geworden. Von einem „offenen Brief“ kann keine Rede sein.
Wie hat der Bundeskanzler auf Ihren Brandbrief reagiert?
Fürst: Der Bundeskanzler hat bereits seit Herbst 2023 wiederholt signalisiert, dass er ein Totalverbot von PFAS, das das Beschränkungsdossier ja faktisch vorsieht, ablehnt und eine Rückkehr zum risikobasierten Ansatz unterstützt.
Unter anderem schlagen Sie in dem Brief einen PFAS-Gipfel im Kanzleramt und einen kontinuierlichen Dialog zur Chemikalienregulierung vor. Glauben Sie, dass ein nationaler Sonderweg beim drohenden PFAS-Verbot möglich und sinnvoll ist?
Fürst: Die Vorschläge der Industrie beziehen sich auf das laufende europäische PFAS-Beschränkungsverfahren, welches aufgrund seiner möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen die besondere Aufmerksamkeit auch der deutschen Bundesregierung erfordert. Angesichts der zunehmenden Tragweite der Chemikalienregulierung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas haben wir einen regelmäßigen Austausch angeregt. Von einem deutschen Sonderweg ist an keiner Stelle die Rede. Im Gegenteil: In den USA, Kanada, China, Japan, Großbritannien und weiteren Ländern wird zwischen „polymeren PFAS“ und „nicht-polymeren PFAS“ unterschieden, was gerade für unsere Industrie wichtig ist. Diesen Weg sollte auch die Europäische Union gehen.
Falls das alles nicht fruchtet und das Anliegen der Unternehmen und der Verbände auf taube Ohren stößt: Wie sehen Ihre nächsten Eskalationsschritte aus?
Fürst: Sie dürfen davon ausgehen, dass unser Anliegen gehört wird.